Wetzlarer Neue Zeitung - "Nachgefragt bei..."

Wetzlarer Neue Zeitung - "Nachgefragt bei..."

Die Frage: Die Panama-Papiere zeigen: Es gibt zu viele Steuerschlupflöcher. Was kann die EU dagegen tun und vor allem, wie schnell kann sie reagieren?

Jedes Jahr verlieren die europäischen Steuerzahler etwa 1000 Milliarden Euro durch Steuervermeidung und Steuerhinterziehung. Dieses Geld fehlt der Allgemeinheit für Schulen, im Gesundheitssystem und für die weitere öffentliche Daseinsvorsorge. Steuerbetrug ist ein Verbrechen und bedarf endlich schärferer Gesetze und starker Kontrollen. Dafür setzen sich die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament schon lange ein. Das größte Problem für uns ist dabei, dass die grundsätzliche Zuständigkeit für Steuerangelegenheiten nach wie vor bei den EU-Mitgliedsstaaten liegt.
Gerade die Panama-Papiere machen jedoch deutlich, dass der Kampf gegen Steuervermeidung, Hinterziehung und Geldwäsche international geführt werden muss. Denn diese Machenschaften nutzen aus, dass die meisten Kompetenzen und Regeln an nationalen Grenzen enden. Die Enthüllungen der sogenannten Lux-Leaks-Affäre haben uns bereits im November 2014 vor Augen geführt, dass Steuerbetrug selbst innerhalb Europas viel zu einfach möglich ist. Im Zuge dessen wurden schon einige Verbesserungen eingeführt. Vieles ist aber noch immer in der Aufbereitung durch einen Sonderausschuss des Europäischen Parlamentes. Es bleibt also noch viel auf europäischer und internationale Ebene zu tun, um ein faires Steuersystem zu schaffen, das auch unter den Bedingungen der Globalisierung funktioniert.
Die Europäische Union hat zwar bereits schärfere Regeln gegen Briefkastenfirmen auf den Weg gebracht, bei der Umsetzung mangelt es allerdings insbesondere an Kontroll- und Sanktionsmechanismen. An dieser Stelle müssen die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten endlich aktiv werden und Steuerbetrug hart sanktionieren, so wie die Sozialdemokraten dies seit Jahren fordern. Solche Sanktionen können Bußgelder, Verwehrung des Zugangs zu EU-Fördermitteln bis hin zum Entzug der Lizenz oder Betriebserlaubnis für Finanzinstitute sein. Ebenfalls müssen Banken, Anwälte oder Vermögensverwalter, die bei Steuerbetrug zuschauen oder sogar mithelfen, ernsthaft bestraft werden. Hier bedarf es einer besseren Ausstattung der Steuerbehörden, insbesondere mit qualifiziertem Personal, so dass Verstöße schneller erkannt und geahndet werden können. Denn Steuervorschriften, die nicht kontrolliert werden, greifen ins Leere. Dazu muss die Staatengemeinschaft auf allen Ebenen Superreiche und multinationale Konzerne endlich aus ihrer schützenden Anonymität holen, damit Steuergerechtigkeit und Fairness im wirtschaftlichen Wettbewerb keine leeren Floskeln bleiben.
Am 12. April wird die EU-Kommission einen Plan zum sogenannten Country-by-Country Reporting vorlegen. Dadurch sollen Unternehmen verpflichtet werden, öffentlich darzulegen, in welchem Land welche Profite erwirtschaftet und versteuert werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass Unternehmen nicht nur in Europa über ihr Steuerverhalten Auskunft geben müssen, sondern auch außerhalb der EU. Nur so kann dieses Instrument effektiv wirken und auch einen Beitrag zur Förderung der globalen Steuergerechtigkeit leisten. Gleichzeitig fordern wir, dass diese Regelung für die 20.000 größten Unternehmen in der EU gelten und nicht nur für Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Jahresumsatz, wie es die EU-Kommission plant.
Nächste Woche tagt, auch auf Druck der sozialdemokratischen Fraktion, das Europäische Parlament in einer Sondersitzung zu den Panama-Papieren. Dort werden wir darauf drängen, dass die Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission aktiver in der Bekämpfung von Steuerschlupflöchern werden. Denn nur wenn die Mitgliedsstaaten gemeinsam gewillt sind, solche Maßnahmen umzusetzen, kann die Europäische Union sehr schnell reagieren. Das Parlament wird die Regierungen mit diesen Auforderungen konfrontieren und die Gesetzgebung so schnell wie möglich durchführen.

Wichtigster Termin der nächsten Woche:

In der kommenden Woche kommt das Europäische Parlament zu seiner Plenarsitzung in Straßburg zusammen. Mein wichtigster Termin wird hierbei eine Sitzung sein, in der wir die bisherige Umsetzung des dritten Hilfsprogramms für Griechenland untersuchen. Das Europäische Parlament wurde von den Mitgliedsstaaten bisher bei diesem Thema außen vor gelassen und hat nun auf Drängen der griechischen Regierung erstmals die Gelegenheit erhalten, die Krisenpolitik in Griechenland gründlich zu durchleuchten. Schwerpunkt der Sitzung wird der Bericht über eine Delegationsreise nach Griechenland sein, an der ich vor zwei Wochen mit elf weiteren Abgeordneten teilgenommen habe.”